Die Linke: „Den Stellenwert des Genossenschaftswesens für die politischen Parteien kann man auch danach beurteilen, welcher Stellenwert in den Wahlprogrammen eingeräumt wird und wie sich die Parteien zu spezifischen Fragestellungen positionieren. ( Richard Reichel ) „Die Genossen als Freunde der Genossen.“ Das könnte man auf den ersten Blick denken, liest man den Wahlprogrammentwurf der Linken. Die Wörter „Genossenschaft“ oder „genossenschaftlich“ kommen im Entwurf des Wahlprogramms sage und schreibe 36-mal vor. Das ist weitaus mehr als in allen Wahlprogrammen der fünf anderen im Bundestag vertretenen Parteien zusammen.
Noch viel erstaunlicher ist die Verwendung des Wortes „Sozialismus“ oder „sozialistisch“. Diese Begriffe kommen kein einziges Mal in Reinform vor, nur einmal wird auf die Verbrechen des Nationalsozialismus“ Bezug genommen. Das verwundert doch außerordentlich. Sollte die Partei die Begriffe „genossenschaftlich“ und „sozialistisch“ als Substitute betrachten? Blickt man auf die Bereiche, in denen nach der Linken Genossenschaften eine stärkere Rolle spielen sollen, so sind folgende zu nennen: „Energiegenossenschaften“ „Genossenschaftliche Nutzung landwirtschaftlicher Flächen“ „Genossenschaftliche Wohnformen“ „Belegschaftseigene Betriebe“. Außerdem sollen Genossenschaften bei der staatlichen Wirtschaftsförderung gleichgestellt sein. Diese Forderungen sind im Grunde positiv zu bewerten, allerdings verrät das Programm auch, dass Genossenschaften letztlich als Instrumente staatlichen Wirtschaftsdirigismus gedacht sind. Wenn beispielsweise gefordert wird, demokratische, öffentliche und genossenschaftliche Eigentumsformen in den Mittelpunkt einer nicht-kapitalistischen (!! das wäre dann eine sozialistische) Wirtschaftsweise zu stellen, wenn gefordert wird, Energiekonzerne zu entmachten und durch Genossenschaften zu ersetzen oder wenn pauschal angemahnt wird, Genossenschaften zu demokratisieren (!), dann sollte klar sein, wohin die Reise geht. Gekrönt wird das Ganze durch den Spruch „Bauernland gehört nicht in Investorenhand“. Das ist wohl die aktualisierte Version der Losung bei der Enteignung großer Landgüter in der sowjetischen Besatzungszone 1945. Damals hieß es „Junkerland in Bauernhand“. Wie sich Geschichte doch (hoffentlich nicht) wiederholt.“
Diese Ausarbeitung wurde vom Forschungsinstitut für Genossenschaftswesen an der Universität Erlangen Nürnberg erstellt und als Arbeitspapier veröffentlicht. Sie spiegelt die Meinung des Verfassers wider. Das Forschungsinstitut sieht seine Aufgabe in der Erforschung des Genossenschaftswesens aus wirtschaftswissenschaftlicher, juristischer und soziologischer Sicht.
Die AG Politik des CoopGo Bund e.V. Verband freier Genossenschaften und Kooperativen hat die oben genannte Vorlage aufgegriffen und durch Bundestagsdrucksachen / Bundesratsdrucksachen aus der letzten Legislaturperiode ergänzt und diese kommentiert.
2 Kommentare.
[…] der Universität Erlangen-Nürnberg hatte vor drei Jahren lediglich im Programm der Linkspartei dazu ein eigenes Kapitel feststellen können. Allerdings bemängeln die Autoren der Untersuchung dabei: “Hier findet man eine einerseits […]
Was heißt Wunderwaffe gegen den Kapitalismus. Der Kapitalismus ist ein etabliertes System, dass sich parallel / im Wettbewerb zur Genossenschaftsidee durchgesetzt hat. Das wesentliches Unterscheidungsmerkmal ist aber die „Ungleichverteilung“ des erwirtschafteten Mehrwerts und die unterschiedlichen Partizipationsmöglichkeiten. Genossenschaften funktionieren anders und können im „kapitalistischen Umfeld“ auch ohne staatliche Unterstützung überleben. https://de.wikipedia.org/wiki/Mondragón_Corporación_Cooperativa die http://www.datev.de oder unsere Einkaufs- und Agrarenossenschaften.
Die „solidarische Ökonomie“ ist sicherlich gewöhnungsbedürftig. Vielleicht handelt es sich hier um ein neues Verständnis einer etwas andere Dienstleistungsgesellschaft. Auch dieser Ansatz verdient zumindest Respekt und Anerkennung. Selbstverwirklichung, oder alternative Form der Beschäftigung werden in der Bürgergesellschaft immer wichtiger. Arbeit für Alle ist schon lange ein Wunschdenken, darum gibt es ja die Forderung nach einem bedingungslosen Grundeinkommen.
Genossenschaftsbanken als Genossenschaften zu bezeichnen ist Zynismus. Diese Universalbanken sind bis auf wenige Ausnahmen schon lange keine Genossenschaften mehr. Diese Erkenntnis sollte inzwischen auch in der Wissenschaft angekommen sein. Es ist an der Zeit diese Schein-Genossenschaften aufzulösen und mit den Sparkassen zu fusionieren.