„Genossenschaftsparlament“ und „CoopRat“ mag für viele Menschen noch recht neu klingen. Wir leben in einer Welt, die sich im Umbruch befindet. Der Konkurrenzgedanke wurde während und durch die Industrialisierung geprägt und durchzieht unsere gesamte Gesellschaft und Politik. Genossenschaften leben sozusagen in einer für sie „ungesunden“ Umwelt.
Mehr Demokratie – Mehr Transparenz – Mehr Wirkung
„Wer vertritt in Deutschland eigentlich die Interessen von fast 22,5 Mio. Mitliedern in Genossenschaften?“
Eine ungewöhnliche Frage? Ganz im Gegenteil! Denn die „Bilanz“ des Genossenschaftssektors ist – zahlenmäßig gesehen einfach nur „deprimierend“!
Das einstige „Mutterland“ von Genossenschaften, geprägt von den Ideen der Herren Raiffeisen und Schulze-Delitzsch, ist im „Konzert“ der EU-Staaten eine Art eher bemitleidenswerte Restgröße.. Was fehlt sind die Innovationen, die Bereitschaft zum Wandel, zur Kenntnisnahme, dass 8500 Genossenschaften kein Erfolg sind, sondern eher ein „Kümmerdasein“ bedeuten.
Da hilft auch kein Feiern von „Weltkulturerbe“ oder 200 Jahre Raiffeisen. Das ist eher Ablenkung vom „Ist“. Was helfen könnte, wäre eher eine schonungslose Bestandsaufnahme über die wahren Ursachen, solcher „Niedergänge“, von einstmals über 40.000 Genossenschaften im Lande.
Aber da gibt es doch „genossenschaftliche Forschungsinstitute“ an zahlreichen Universitäten, die könnten doch …, die sollten doch eigentlich … – Sie meinen, die müssten es wissen? Vielleicht könnten die sogar, aber sie tun es nicht. Warum befasst sich die Genossenschaftswissenschaft nicht mit der mangelhaften Umsetzung des genossenschaftlichen Förderauftrags? Die Frage: „Wer bezahlt die Institute oder bezuschusst diese zumindest“? – könnte vielleicht zur Klärung dieser Situation beitragen.
Aber wer stellt schon solche oder ähnliche Fragen, in einer Republik, in der „Quasi-Konzern-Verbände“ die Meinungshoheit haben und viel Geld für Lobbyarbeit ausgeben. Das Genossenschafts-Verbandswesen etwa ein Fall für die „Kartellbehörde“? Warum eigentlich nicht, aber die Kartellbehörde ist dafür nicht zuständig.
Wo Demokratie und Meinungsfreiheit durch Quasi-Kartelle ersetzt werden, bedarf es eigentlich dringend der Regulierung durch den Souverän. Der scheint jedoch desorientiert , zumindest naiv zu sein, denn er unterstellt, dass Demokratie etwas mit „Verbändevertretung“ zu tun haben könnte. Die Kritik an den sogenannten Selbstverwaltungsorganisationen ist nicht neu.
Klingt eigentlich zunächst einleuchtend: Jede Genossenschaft ist seit 1934 verpflichtet, einem (Prüfungs-) Verband anzugehören. Die werden also die Interessen der Mitglieder vertreten? Mit Verlaub, keiner dieser Verbände hat direkten Kontakt mit Mitgliedern von Genossenschaften; dort kennt man lediglich die Vorstände, manchmal die Aufsichtsräte der Mitgliedsgenossenschaften. Hier besteht auch häufig eine Personalunion. Der Vorstand einer Genossenschaft ist gleichzeitig im Verwaltungsrat des Genossenschafts-verbands.
Und vertreten diese Verbände dann wenigstens die Interessen der Vorstände und Aufsichtsräte von Genossenschaften? Dann könnten doch diese Verbände sich bei den Politikern äußern oder angehört werden. Eigentlich schon, aber da gibt es „mächtige Filter“. Einer davon ist, dass viele dieser Verbände sich selbst quasi „politisch kastriert“ haben. Wie das? Sie haben ihre Souveränität an einen „Großverband“ abgetreten. Um diesen Sachverhalt besser zu verstehen folgende Erklärung. Unsere Genossenschaften werden von drei Verbandsstufen regiert. Es gibt „Spitzenverbände“ wie den DGRV und den GdW. Dachverbände wie z.B. den BVR oder den Raiffeisenverband und Prüfungsverbände, die dann als Executive die Vorgaben von „oben“ kontrollieren und umsetzen. Auch hier lässt das genos-senschaftliche Führerprinzip grüßen
Die oben genannten „Spitzenverbände“, geben vor, zu wissen, was in Sachen Genossenschaften politisch „richtig“ oder „falsch“ läuft. Die einen sagen, sie vertreten den Wohnungsbau und die anderen behaupten, den „Rest“ zu vertreten. Die Verbände in den EU-Statten können darüber nur staunen ….
Unsere „Spitzenverbände“ treffen sich in einem sogenannten „Gemeinsamen Ausschuss“, um die Politik über das zu informieren, was wie und warum in Deutschland in Sachen Genossenschaften so oder so laufen oder nicht laufen sollte.
Eigentlich wäre doch alles klar:
Diese beiden “Spitzen“-Verbände tragen die „Hauptverantwortung“ für das „Kümmer-Dasein“ des Genossenschaftssektors in Deutschland.
Aber damit machten wir es zu einfach, denn – gerade jetzt – sind Genossenschaften wichtiger denn je, denn die Gesellschaft ist derzeit sehr offen für „kooperative Geschäftsmodelle“.
Ein „weiter so“ kann und darf es nicht geben, denn die Situation ist viel zu wichtig, um sie solch wenigen Groß-Verbänden zu überlassen, die z.B. vorrangig den Bankensektor vor Augen haben, in dem derzeit eher ein weiteres „Abschmelzen“ von Genossenschaften zwecks „Konzentration“ auf der Tagesordnung stehen könnte. Wer sozusagen „Minus-Genossenschaften“ (Konzentrationen) im Zoom hat, ist für „Plus-Genossenschaften“ (Neugründungen) kaum der geeignete Ratgeber für die Politik.
Die Konsequenzen liegen auf der Hand:
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Mehr Demokratie
Wir brauchen in Deutschland mehr Demokratie bei der Interessenvertretung. Dazu müssen die 22,5 Mio. Mitglieder auch selbst ihre Interessen vertreten können. Die Gründung des Genossenschaftsparlaments ist bereits in Vorbereitung. Außerdem müssen die „Unabhängigen“ (Verbände, die nicht einem der beiden Großverbände angehören) als Spitzenverband anerkannt und einbezogen werden.
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Mehr Transparenz
Über was die „Spitzenverbände bisher – und mit welchem Ergebnis – mit Parlament oder Regierung beraten haben, dringt nicht nach außen, erreicht weder die Verbände, noch die Genossenschaftsmitglieder. Das muss sich ändern!
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Mehr Wirkung